DIY-Netzteilrecycling wider dem Wattwahn

Reina

Commodore Special
Mitglied seit
11.11.2001
Beiträge
437
Renomée
72
Hi,

während im neuen Netzteil-Roundup Netzteile bis 700 Watt vorgestellt wurden, habe ich mich entschlossen, aus einem preiswerten NoName Netzteil mit geringer Leistung ein Qualitätsgerät für einen Silent-PC zu machen. Ich benötige keine Hypergrafik, da ich kaum spiele und wollte daher auch kein aufgemotztes, vollgestopftes Monster Netzteil.

Das Ausgangsgerät: gelabelt ANS Modell: LC-B450E
Leistungsangabe: 450W
geschätzte tatsächliche Leistungsfähigkeit: 200-230 W

Das Originalnetzteil weist dank SMD-Bauteilen einen sehr ordentlichen inneren Aufbau und einen grossen 120er Lüfter auf. Leider konnte es ein AMD K7 Sempron 2600+ System, bei dem ein Asrock Board die CPU noch aus der 5V Linie speiste, nicht zuverlässig zum Laufen bringen, da die Ausgangskondensatoren zu schwach ausgelegt waren.

Die Modifikationen:
- Power Shottky Gleichrichterdioden für besseren Wirkungsgrad und stabilere Spannungen (5V: MBR6045 60A Diode, 3.3 & 12V: 20A)
- Low ESR + High-Ripple + 105 Grad Markenkondensatoren, für stabile, noise- & ripplearme Ausgangsspannungen. Solche Qualitätskondensatoren findet man normalerweise nicht mal in sogenannten High-End Netzteilen und die aufwändige Ausgangsfilterung meist schon aus Platzgründen nicht.
- 105 Grad, Long Life Siebeelkos
- sicherer und verlustarmer 1KV, 6A Brückengleichrichter
- zusätzlicher Molex-Kabelstrang
- mit Kupferdraht verstärkte (Masse-)Leiterbahnen
- eigene Schaltung zur Regelung des Netzteillüfters 5V -> 12V : 39 -> 49 Grad
- Originallüfter getauscht gegen Yate Loon D12SL-12

Testsystem:
AMD XP-M @ 1.6V - 2270 MHz auf Abit NF7-S
Radeon 9600XT @ 550 MHz
200GB HD, CD & DVD-Brenner

Die Hauptlast liegt in diesem System auf der 12V Schiene.
12V Idle, max: 12,06V
12V 3Dmark01, min: 11,96V

Netzstromaufnahme:
Standby: 0.04A
Windows Desktop: 0.42A
3DMark01: 0.56A

zum Vergleich ein 350W Netzteil aus der neuen, wirkungsgradstarken Serie von FSP (AOpen-OEM):
(vgl http://www.silentpcreview.com/article212-page3.html)
Standby: 0.03A
Windows Desktop: 0.40A
3DMark01: 0.55A

Geschätzter maximaler Strombedarf des Systems: 100W

mfg, Reina.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo, da kann ich nur sagen Respekt, und das mein Elektrotechnik Herz höher schlägt. *heart*
Was haben die BT den insgesamt gekostet?
Kommt man billiger als wenn man gleich nen Markengerät kauft?

eYe
 
Hallo eYe,

>Was haben die BT den insgesamt gekostet?

Naja, zu den Kosten ist einiges zu sagen. Zunächst: ich modifiziere auch kräftige Markennetzteile mit neuen Kondensatoren, da alle mir bekannte Hersteller hier NoName Müll verbasteln. Schon, um das Ausfallrisiko zu minimieren, siehe: Elko Ausfälle

Und leistungsfähige Markenkondensatoren kosten normalerweise einiges, ich habe aber die meisten bei Ebay für Lau ersteigert.

Kosten des Umbaus bei Neukomponenten:
Kondensatoren: 16 Euro (entspricht etwa dem Ebay Preis eines solchen Netzteils ;-) )
2 Shottky Dioden: 3,50 Euro
Lüftersteuerung: ein paar Euro
+ Yate Loon Lüfter...

ABER: ich habe inkl. Lüftersteuerung etwa 2 Tage an dem Netzteil herumgebastelt.

>Kommt man billiger als wenn man gleich nen Markengerät kauft?

Ich würde nicht generell empfehlen, NoName Sachen zu kaufen. Da können sich diverse Schwachstellen verstecken. Wohl aber, alte oder vermeintlich zu schwache Netzteile mit kräftigen Kondensatoren und evt. verlustarmen Shottky-Dioden zu modifizieren. Denn die Gesamtleistung der meisten Netzteile ist völlig ausreichend! Herkömmliche PC Systeme fressen nach SilentPCReview zw. 80 und 200 Watt, nicht 500.

mfg, Reina.
 
Es gibt auch Hersteller, die auch zu Billigpreisen brauchbare Netzteile auf dem Markt haben.

Ich hab mein Fortron 250 W für 8 € gekauft, das war vielleicht 1/2 Jahr alt, absolut in Schuss, nur ganz leichter Staubansatz am Lüfter.
Für meinen Athlon 3000+ mit Geforce 6800 optimal dimensioniert. ;D


Im Grunde war dieser Preis schon völlig überteuert, bei Ebay staubt man 300 W-Modelle schon für unter 10 € ab, damit kann man dann auch dicke Spiele-Computer betreiben.

Auch bei den ganzen Rul0r-Tests, wie die auf den Hardware-Seiten wie dieser durchgefürht werden ( ;D ), kann Fortron die Aufgedruckten Werte stabil liefern.
 
Die Modifikationen:
- Power Shottky Gleichrichterdioden für besseren Wirkungsgrad und stabilere Spannungen (5V: MBR6045 60A Diode, 3.3 & 12V: 20A)
Wäre die MBR4045 nicht die bessere Wahl, da diese eine um 15% bessere Flussspannung (Forward Voltage Drop) hat? Klar ist periodische Sperrspannung nur noch 28V - aber das sollte selbst für die 12V Spannung, für die 5V locker reichen... *kopfkratz
 
@Alligatorbirne:

Vorsicht, das oben genannte 230W(?) Netzteil wird als 450W Netzteil verkauft und soll z.B. auf der 5V Linie 50A liefern können, obwohl die verwendete Diode nur 20A verkraftet. Bei Markenfirmen, wie z.B. Fortron, sind die Leistungsangaben hingegen (meistens) stimmig.

@Allfred:

>Wäre die MBR4045 nicht die bessere Wahl?

Nein:
MBR4045: 40A, 45V
MBR6045: 60A, 45V

Schottky Dioden über 45V haben eine höhere Flußspannung, ansonsten nimmt diese mit dem Strombelastbarkeit ab.

Mal eine Beispielrechnung:

- älteres System, das die CPU noch aus der 5V Schiene versorgt:

5V Schiene, Last: 20A

verwendete Gleichrichterdiode und Verlustleistungsgrössenordnung (allein schon an der Diode) in der Kaltphase

MBR2045: 16.6W (16.6%)
MBR3045: 12.8W (12.8%)
MBR4045: 10.6W (10.6%)
MBR6045: 10.0W (10.0%)

- neueres System:

12V Schiene, Last: 10A

Silizium Diode BYQ28E (Original NT): 10.7W (8.9%)
Silizium Diode STPR2020 (FSP 350W NT) 9.4W (7.8%)
MBR20100: 7.8W (6.5%)
MBR30100: 7.5W (6.2%)
MBR40100: 6.7W (5.6%)
MBR60100: 6.4W (5.3%)

12V Schiene aufgesetzt als 5V + 7V "Stackbauweise"
Reihenschaltung 2xMBR6045 8.5W (7.1%)
Reihenschaltung 2xMBR3045 9.0W (7.5%)

mfg, Reina.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wirklich verdammt gute Leistung, da muss man wirklich wissen was man tut.....*massa*

Aber was heißt das "ripplearm" bei den Kondensatoren? Hab ich ja noch nie gehört*noahnung*
 
Hi Baps,

>Aber was heißt das "ripplearm" bei den Kondensatoren?

Nicht doch, ripplearm sollen die Ausgangsspannungen des Netzteils sein, also möglichst stabil und mit möglichst kleiner Welligkeit.

In einem Schaltnetzteil haben die (Elektrolyt-)kondensatoren im Ausgangskreis zwei Aufgaben: sie sollen die An/Aus-Ausgangsspannung puffern, so dass eine feste Gleichspannung zur Verfügung steht. Ausserdem müssen sie noch die Zeitspanne etwas überbrücken können, welche die Netzteilelektronik zum Nachregeln bei starken Lastschwankungen (etwa CPU-Idle/Lastwechsel) benötigt.

Es versteht sich von selbst, dass in einem modernen PC-System diesen Puffer- und Filterkondensatoren nun einiges an Strömen abverlangt wird. Da die Netzteilkondensatoren dieser Aufgabe alleine meist nicht gewachsen sind, finden sich auf dem Mainboard selbst noch einige zur Verstärkung. Üblicherweise findet man jedoch nur hier Qualitätsware, im Netzteil selbst dagegen suspekte 105 Grad NoName-Ware.

Ein guter Kondensator für den Netzteilausgang muss einen geringen parasitären Innenwiderstand sowie eine ausreichende Kapazität haben, wenn er die Fähigkeit des Netzteils, kontinuierlich hohe Ströme zu liefern, sicherstellen und Lastschwankungen abfangen soll. Elektrolytkondensatoren, die auf niedrige Innenwiderstände (bzw. niedrige Impedanzen bei hohen Frequenzen) optimiert wurden, verkraften auch hohe Ripple- (durch Kondensatoren fliessen ja keine Gleich-) ströme, da an ihrem Innenwiderstand nur eine geringe Verlustleistung entsteht und sie sich somit nicht so schnell übermässig erhitzen. Bei zu hoher Temperatur kann das Elektrolyt im Kondensator verdampfen.

Gehen wir im Folgenden von einem modernen, 12 V versorgten PC-System aus. Nehmen wir weiter an, dass unser PC Schaltnetzteil mit nur 30KHz arbeiten würde. Um die Restwelligkeit der 12V Schiene bei 20A Last auf 0.05V zu drücken, benötigen wir 3300 uF Pufferkapazität.

Als Beispiel für einen Standard 105 Grad 3300 uF Elektrolytkondensator nehmen wir mal einen aus der BC Serie 047. Dieser hat eine Impedanz von 0.08 Ohm @ 100 KHz. Damit würden bei 20A Last schon 1.6V am inneren Widerstand abfallen, dazu kommen kapazitätsbedingt 0.1V Selbstentladung. Wir hätten also 0.85V oder 7.1% Ausgangswelligkeit, was schon ausserhab der ATX-Spezifikation liegt! Am Kondensator entstünde eine Verlustleistung von 32W, worauf dieser bereits nach kurzer Zeit mit Peng und Zisch antworten würde.
Spezifiziert ist dieser Kondensator vom Hersteller dafür, lediglich 1.1A Ripplestrom bei 105 Grad über 1500 Stunden unbeschadet zu überstehen.

Die Panasonic FC Serie ergibt ein gutes Beispiel für einen Standard Low-ESR Elko. Hier hätten wir eine Impedanz von 0.022 Ohm @ 100 KHz. Damit ergeben sich 0.27V oder 2.3% Welligkeit und eine Verlustleistung von 8.8 Watt. Spezifiziert sind 2.51A Ripple bei 105 Grad über 5000 Stunden.

Nun nehmen wir mal den low ESR, high ripple Rubycon ZL 3300 uF 16V mit einer Impedanz von 0.015 Ohm @ 100 KHz. Damit haben wir 0.2V oder 1.7% Restwelligkeit und eine Verlustleistung von 6 Watt. Spezifiziert sind 3.4A Ripplestrom bei 105 Grad über 5000 Stunden.

Beim noch besseren Panasonic FM 3300uF 16V mit 0.012 Ohm @ 100KHz ergeben sich: 0.17V oder 1.4% Restwelligkeit, Verlustleistung 4.8 Watt. Spezifiziert sind 3.75A Ripplestrom bei 105 Grad über 7000 Stunden.

In der Praxis sind diese Werte nicht ganz so dramatisch, da die angesprochenen weiteren Elektrolytkondensatoren auf dem Mainboard den Netzteilkondensatoren das Leben leichter machen und die Rechnung einige vereinfachende Annahmen enthält, sie zeigt aber ganz klar die Problematik.

Fazit: die Innenwiderstände der Ausgangskondensatoren können für moderne ATX Netzteile eigentlich gar nicht gering genug und die maximale Ripplestrombelastbarkeit gar nicht hoch genug sein. Wird hier vom Hersteller zu stark gespart, ist ein instabiles System oder baldiger Ausfall die Folge. Zudem tragen gute Kondensatoren auch zum Wirkungsgrad eines Netzteils bei.


Der mit Abstand häufigste Grund für den Ausfall von Mainboards, sowie ein sehr häufiger Grund für den Ausfall von PC Netzteilen sind überforderte Elektrolytkondensatoren. Sie sind ebenfalls meist schuld, wenn ein PC System netzteilbedingt nicht stabil läuft oder Anlaufschwierigkeiten hat.

Alles klar jetzt ? ;-)

mfg, Reina.

PS: Dummerweise hat man aber im Elekro-Bastlerladen oder Discouter oft schon Schwierigkeiten, auch nur 105 Grad Standardkondensatoren zu bekommen... Leidiges Thema... :-/
 
Zuletzt bearbeitet:
Ahja:)

Komisch noch nie in der Berufschule von gehört, aber ist vielleicht doch mal wichtig als Elektroniker....;D
Finds nur immerwieder faszinierend wie man sich so ein ganzes Netzteil zusammen rechnen kann - und vor allem was für Leistungen die verkraften müssen:o

Mfg
Baps
 
ich habe das Netzteil noch mal mit dem Oszilloskop durchgemessen und dabei festgestellt, dass die Diode für die 12V Schiene doch für > 60V Sperrspannung ausgelegt sein sollte. Obige Empfehlungen habe ich dementsprechend korrigiert.

Ausnahme sind Netzteile, bei denen die 12V Schiene auf die 5V Schiene aufgesetzt wurde, also in der Art 5V + 7V = 12V. Damit wird der 12V Zweig etwas billiger, aber leider auch weniger auf Effizienz optimierbar. (etwa Enermax EG-365AX, Elan Vital Greenerger *grr*)
 
Zuletzt bearbeitet:
Es versteht sich von selbst, dass in einem modernen PC-System diesen Puffer- und Filterkondensatoren nun einiges an Strömen abverlangt wird. Da die Netzteilkondensatoren dieser Aufgabe alleine meist nicht gewachsen sind, finden sich auf dem Mainboard selbst noch einige zur Verstärkung. Üblicherweise findet man jedoch nur hier Qualitätsware, im Netzteil selbst dagegen suspekte 105 Grad NoName-Ware.

gar nicht suspekt sag ich ;D in der nähe der cpu is es doch auch sinnvoller als direkt im netzteil high end ko's zu verbauen ...
 
Zurück
Oben Unten