Widerrufsrecht in Theorie und Praxis

SUNSHINE

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Ich wollte Euch meine eigene Feldstudie zum Widerrufsrecht nicht vorenthalten, daher dieser Beitrag. Ursprünglich sollte der Thread "lasst Euch nicht verarschen .." heißen, aber das hätte zu Unrecht den Mediamarkt ins Spiel gebracht, um den geht es aber nicht(Namen werde ich nicht nennen).Ich habe etwas interessantes bestätigt bekommen, nämlich wie weit Theorie und Praxis für den Juristen auseinanderfallen können und wie sehr wirtschaftliche Interessen zur Ignoranz des Verbraucherschutzes führen können.
(Anmerkung: 1. Ich verzichte wegen der schöne Story auf detailierte rechtliche Erläuterungen, kann man hinterher geben, 2. die Wiedergabe ist etwas vereinfacht und eher saitirisch)

Ich habe mir im November einen recht teuren TFT-Monitor bei einer wohlbekannten Händlerkette onlinebestellt (als eigenes Geburtstagsgeschenk sozusagen). Anfang Dezember bekam ich eine Mail, dass der Monitor erst Mitte Januar lieferbar wäre.

Darauf hin bin ich zu einer der Filialen gefahren und habe nach einem adäquaten Gerät gefragt dass direkt im Shop wäre. Da war auch ein tolles anderes Gerät verfügbar. Schlau wie ich bin (dachte ich) habe ich mit einer Plastikkarte des Shops bezahlt (Hier fängt es an interessant zu werden!!).

Diese Karte habe ich mal beantragt um zum einen nicht den erheblichen Zins einer Dispo-Überziehung in Anspruch zu nehmen, und zum Zweiten weil ich Jurist bin. Warum? Weiterlesen und staunen! Bei dieser Karte verhält es sich wie folgt: Durch die Karte erhält man - bei Bonität - einen gewissen Kreditrahmen zur Verfügung gestellt. Bei Zahlen mit der Karte tritt also eine Dritte Partei als Finanzgeber für den Kauf ein und man zahlt per Rate oder kann auf einen Schlag auch später (wenn wieder Kohle da ist) alles begleichen.

Der Monitor war nun zuhause kurz angeschlossen und entgegen der ausdrückliche Bestätigung im Shop nicht wirklich geiegnet für mich. Also wieder eingepackt (Abwarten es wird noch lustig). Zurückbringen ging zeitlich nicht.

Wie sollte es anderes sein: paar Tage später steht die Post mit dem anderen Monitor vor der Tür. Der is natürlich super! Was nun? Zwei TFT hinstellen ? Wäre bei dem Preis dekadent. Wie jedes Kind weiß, habe ich bei dem einen Monitor ein Widerrufsrecht, da online erworben. Der is aber so schööön! Und der andere? Hmmm, im Shop direkt gekauft...da is wohl nix mit Widerruf.... Aber hallo! Jurist denkt sich doch was dabei, wenn er mit Finanzierung kauft! Schon im Laden hatte ich darauf aufmerksam gemacht, dass ich ggf. widerrufe werde, wenn die Aussagen nicht zutreffen oder das Ding nichts für mich ist.

Weniger bekannt ist nämlich, dass man bei jedem Kauf, der (unter gewissen Bedingungen) finanziert wird ebenfalls ein Widerrufsrecht hat . Diese läuft 14 Tage, wenn man ordentlich belehrt wurde, sonst richtig lange. *klick Ma gucken ob ich belehrt worden bin, is zwar erst 7 Tage her der andere Kauf, aber da schlägt der Jurist durch *

Nö, Belehrung ist nirgends. Auch auf den Seiten des Shops oder des Finanzgebers: Zero.
Das kann lustig werden, denk ich mir. Der Mann im Laden hat ja schon nicht gewusst, was ich mit "ggf. Widerruf" meine. Aber na ja, die an der Hotline der Firma oder der des Kreditgebers wissen beeeestiiiimmmt Bescheid, ma gucken *grins*.

Anruf 1 (Kartenfirma): Och nööö, wisssen Sie, das is nicht. Wieso? Sie können nur ursprünglichen Antrag auf Kredit (die Karte) widerrufen, aber die 2 Wochen sind vorbei. Wat is? *klicker...haste da was verpennt?...nö* Fräulein, sie kennen gewiss die §§ 355, 495 BGB? *erläuter* Stille auf der anderen Seite...

Anruf 2 (Kartenfirma): *Erzähle wieder was Sache is* Ja klar, habe sie ein Rückgabe recht bei Defekt. Nein, is nicht defekt auch nicht Rückgabe, sondern widerruf, weil... Ja aber da müssen sie sich an den Händler wenden, da haben wir nix mit zu tun. *Erstaunen bei mir* (Ist nämlich komplett falsch, der Widerruf erfolgt gegenüber dem Kreditgeber und zwar schriftlich. Damit schlägt der Widerruf auf den Kauf durch)

Anruf 3 (Kartenfirma): Typ: Ja ich glaub das geht...hmmm...geben Sie es einfach dem Händler und gut is. Ich: Nix schriftlich? Er: nöööö, das machen wir so. *Aaaargh!!, danmit wären meine Rechte in Gefahr!!*

Anruf 4 (Nun bei Service vom Händler): *erkläre, was Sache ist* Er: Wenn Se das so sagen, dann glaube ich das mal. Dann haben Sie ein Widerrufsrecht. Einfach abgeben. *Super, bei Dir kauf ich immer. Nächstes mal mit Widerruf wegen Bodennebel, oder weil heute heute ist, wegen geputzter Zähne oder so...*

Zwischendurch Einschreiben / Rückschein mit Widerruf, diverse Mails etc

Anruf 5 (Kartenfirma): Ich hätte gern den Vorgesetzten. Sie: geht nicht. Die Rechtsabteilung? Sie: keiner da. *Erklärbär gemacht* Nun Rechtsabteilung? Sie: Ich verbinde...*wart*....

Freundliche Sie am Apparat. Nach Erklärung meinerseits will Sie im Shop anrufen. (Ich denk noch: Juristen sind doch die besseren Menschen).

Rückruf der freundliche Stimme: Ich habe mit dem Shop gesprochen *Ich bin erwartungsfroh* Sie: Leider haben Sie kein Rückgaberecht, die Ware ist ja geöffnet. Habe ich dem Shop auch schon gesagt. Ich: Erstens: Widerruf *denke: Lies es von meinen Lippen ab!!* Zweitens: Is ganz egal ob geöffnet oder nicht, weil Prüfung. Drittens: Mangels Belehrung über die Vermeidung von Wertminderung durch Gebrauch hätte ich mit dem Ding sogar Kegeln können, ohne dass Ihr einen Cent an Wertminderung bekommt. Im Übrigen bekomme ich (mangels Belehrung) Lust die Käufe der letzten 6 Monate gleich mit zu Widerrufen. Das wäre dann so ihr halbes Jahresgehalt! *vollkommen übertrieben, aber an merkt deutlich den auf einmal schweren Atem meiner Gesprächspartnerin*


Sie nun ein wenig genervt: Nein, Sie haben nur ein Rückgaberecht. *Grübel...die Stimme...Anruf 1?* Mein Hinweis auf §§ 495, 355 usw. Palaver etc folgt. Nun frage ich: Sie sind sicher, dass Sie in der Rechtsabteilung sitzen? Antwort: Nein. Ich: Bitte verbinden.

Nun ist der Teamleiter vom Callcenter dran *öhm, Rechtsabteilung?*. Der Mann ist aber auch so der erste, der wirklich zuhört und einräumt sich nicht sicher zu sein. Verspricht aber die Sache mit der Rechtsabteilung zu klären und Rückruf.

Am nächsten Tag dann endlich: Jepp, Widerruf ist richtig. *Seufz* Meine Bitte: den Mann im Shop anrufen. Ok, man wird den Shop informieren.

Heute: Einmarsch im Shop, Rückgabe. Der nette Mann ist etwas verdutzt, und gibt an, dass nach zahlreichen Telefonaten der Rechtsabteilungen der Firmen, man mir scheinbar entgegenkomme. In den PC tippt er etwas von Rückgabe wegen Unzufriedenheit mit dem Gerät(??????). Offensichtlich hat man den Armen wieder nicht ins richtige Bild gesetzt, nämlich, dass das keine Kulanz is, sondern das Recht jedes Kunden der mit dieser Karte zahlt (und zwar ohne Begründungspflicht).

Ich werde also als netter Kulanzfall hingestellt. Aber is ja klar: Wenn die Kartenfirma das zugibt, dann ist sie in Nöten wegen fehlender Belehrung. Zudem ist kaum denkbar, dass alle Kunden rechtlich bewandert sind oder so lange durchhalten. Wichtiger: Der Händler wird die Karte nicht mehr akzeptieren.


Dabei wärs so einfach: Der Shop spart sich die Kartenfirma und räumt Ratenzahlung ohne Zins (unentgeltlich) ein. Dann gilt kein Widerrufsrecht, aber das Risiko und der Aussenstand bleiben bei dem Shop.


PS: Es waren etliche Anrufe mehr und auf die Mails habe ich KEINE Antwort bisher. Deutschland oh du Servicewüste.
 
So, nachdem ich gestern den obigen Thread in aller Hektik runtergeschriebenhabe nun zum Sinn. Es war im übrigen mein erster Widerruf. Bisher kannte ich also die Problematik nur in der sehr simplen theoretischen Umsetzung.

Das wundersame an dem Vorgang war, dass die Kreditgebenden Institute es scheinbar schaffen ihre Hotline-Mitarbeiter rechtlich im Dunkeln zu belassen und nur ein erlauchter Kreis an Eingeweihten besteht. Ich bin recht sicher, dass die Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung wirklich nichts wußten, daher kann man denen keinen Vorwurf machen. Meiner Auffassung nach eine recht dreiste (aber zugegebenermaßen wirtschaftlich lukrative) Verfahrensweise.

Zum anderen war ich doch ein wenig überrascht, dass so wirklich gar keine Form von Belehrung oder entsprechende AGB´s zu finden waren. Die Konsequenz für den Shop ist nämlich, dass ich - theoretisch - ein halbes Jahr lang einen Spitzen-PC benutzen könnte und den dann ohne Kostenrisiko wieder abgeben könnte (Dann aktielles Modell vonndem bis dahin finanzierten Guthaben kaufen, oder gleich wieder per Karte).

Wie sind Eure Erfahrungen mit dem Widerrufsrecht? Positiver oder so wie meineß
 
Mhh, is jetzt die Geschichte mit der Finanzierung n neuer Trick für unsere Profioverclocker auch im Laden neben an 200 CPUs mitzunehmen un 199 wieder zurückzugeben?

Ich als nicht Jurist hätte den Monitor (der nicht den Ausführungen des Verkäufers entspricht wenn ich das richtig verstanden haben) auf Theke gestellt und ein bisschen wegen Fehlberatung rumgebölckt. Wäre bestimmt schneller gegangen.

BTW, K&M? ;D
 
1. Mit der Geltendmachung von Fehlern hätten die geblockt, zudem hätte man dann einen Kaufpreisabzug wegen Verwendung geltend machen können. So aber nicht.

2. :-X och, nööööö. Namen werden nicht genannt ^^ (Zudem ist der Shop ja unschuldig, die Kartenfirma hat Ihre Informationen verpennt) es soll ja auch keiner angeprangert werden, sondern es geht um die generelle Verbraucherfreundlichkeit.
 
Original geschrieben von SUNSHINE
1. Mit der Geltendmachung von Fehlern hätten die geblockt, zudem hätte man dann einen Kaufpreisabzug wegen Verwendung geltend machen können. So aber nicht.

2. och, nööööö. Namen werden nicht genannt ^^ (Zudem ist der Shop ja unschuldig, die Kartenfirma hat Ihre Informationen verpennt)

Also ich hatte bis jetzt wirklich noch keine Probleme wenn irgendwas nicht so gepasst hat wie erwartet es umzutauschen. Aber das letzte Mal is auch ne Weile her. Hat sich ja eventuell Aufgrund der Einkaufs- und Zahlungsmoral der deutschen Kunden einiges geändert...
 
sehr interessant, habe auch noch nicht gewusst dass das Widerrufsrecht dann auch gilt.

Wurde die "Aktion" als "Händler" oder ´´normaler`` Kunde gestartet? ^^

Ich kenne einen Händler (guter Kollege meines Vaters), der es mehrmals geschafft hat sehr ( ;D ) kaputte Sachen als Garantiefall an den shop mit den gelben aufklebern und dieser typischen Schrift zurückzuschicken. Natürlich mit Ersatz, der sogar ein wenig besser war, da es das alte Produkt nicht mehr gab.

Anm. zu dem "sehr kaputt": Ich war daran nur teilweise schuld... Möchte das jetzt aber nicht nochmal bringen, die Geschichte ist zu blöd und auch nicht so interessant...
 
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