Unis im Wandel

Ich bin hin- und hergerissen, ob ich darauf antworten soll. Prinzipiell muss man betonen, dass es sich um eine Einzelmeinung handelt. Ich schreibe bewusst nicht Einzelschicksal, denn auch ein Gericht hat entschieden, dass die fristlose Kündigung rechtens war. Was genau vorgefallen ist, wird man wohl nie erfahren. Im deutschen Universitätssystem ist man als Prof unkündbar, wenn nicht grobes Fehlverhalten vorliegt. Die Freiheiten, die man als Prof genießt, hat man wohl in keiner anderen Branche. Zudem gibt es eigentlich kein Leistungsprinzip mehr. Man kann im Grunde genommen tun und lassen, was man will: Die Lehre kann schlecht sein, man kann unfair zu Mitarbeitern und Studenten sein, nicht forschen, sich aus allen Gremien raushalten, etc. - also einfach einen schlechten Job machen. Dagegen kann keiner was tun. Vielleicht kann ein Dekan oder Rektor mal das Gespräch suchen, ernsthafte disziplinarische Maßnahmen gibt es eigentlich nicht. Das führt dazu, dass an Universitäten auch einige ziemlich schräge Vögel rumlaufen, bei denen alle nur auf die Emiritierung warten. Bis dahin müssen sich aber alle irgendwie mit ihnen arrangieren.
Gleichwohl muss man auch sagen, dass die meisten, die auf diese Position kommen, totale Workaholics sind, die in vielen Fällen neben ihrer Professur kein Leben mehr haben. In den allermeisten Fällen ist der Professur auch eine Zeit mit vielen Unsicherheiten und viel Pendeln vorausgegangen. Wer diese Zeit überstanden und einen Ruf erhalten hat, ist normalerweise nicht der Typ, der die Beine hochlegt, wenn er es geschafft hat.

Ich erkenne den Untergang des Abendlandes jedenfalls nicht, wenn ich das (deutsche) Universitätssystem analysiere. Es läuft sicherlich nicht alles perfekt. Die dargestellten Positionen teile ich aber in großen Teilen nicht.

hunert
 
Für mich ist auffällig, dass die Entwicklung erst nach der Verschulung durch BA und MA eingesetzt hat. Die Methodik der Entlassung um einen Dissenz und Zielkonflikt aufzulösen sollte auf dem Niveau von Professuren nicht nötig sein, alsdenn es geht ums Geld oder Ideologie. Man muss doch annehmen dürfen eine Professur wurde nur nachgewiesenen ernsthaften Wissenschaftlern zuteil.
Passt auch zu diversen Plagiate-Titeln diverser Politiker, die betreuenden Professoren und Unis wurden für die Vergabe nicht kritisiert. Abhängigkeiten werden aus meiner Beobachtung immer enger nachdem die Nachkriegsgeneration zunehmend unter die Erde gegangen ist. Es bildet sich eine Art Kastensystem das Personen auskehrt statt Freiräume zuzugestehen und auszuhalten, in der Wirtschaft OK in der Wissenschaft grundlegend dem Sinn gegenläufig.
 
Ich kann es nur noch einmal betonen: Dies sind die Aussagen einer einzigen Person. Eine Verallgemeinerung ist auf keinen Fall zulässig. Eine Entlassung ist ein extremer Ausnahmefall, der ohne vorangegangenes Fehlverhalten nicht möglich ist. Ich kenne die Innenperspektive und habe in den letzten 12 Jahren an verschiedenen deutschen Universitäten einige Kollegen kennenlernen dürfen, die sich im Laufe der Jahre eine ganze Menge geleistet haben, dafür aber keinerlei Konsequenzen erhalten haben. Und natürlich zeigen sich solche Tendenzen in der Regel erst nach einer gewissen Zeit. Scheinbar verleiten die Freiheiten und die Macht, die mit der Position einhergehen, einige Leute dazu, ihre inneren Abgründe auszuleben. Insgesamt sind das aber trotzdem eher Ausnahmefälle. Vor dem Hintergrund ist für mich schwer vorstellbar, dass der Dame "einfach so" fristlos gekündigt wurde.

Zumindest in meinem Bereich hat die Umstellung auf BA/MA auch keine negativen Konsequenzen gehabt. Erst recht sind unsere Studiengänge nicht verschult - im Gegenteil: Ich würde es mir an manchen Stellen sogar wünschen, wenn ich mitbekomme, was sich unsere Studis alles anhören müssen (Freiheit der Lehre...), was mit ihrem späteren Berufsbild überhaupt nichts zu tun hat. Dasselbe gilt für die Forschung: Kollegen, die Reiseführer über Usbekistan veröffentlicht haben und dies in ihrer Publikationsliste aufführen, obwohl sie eine Pädagogikprofessur innehaben, die damit rein gar nichts zu tun hat. Ein anderer Kollege forscht über den ländlichen Raum Ostdeutschlands oder polnische Literatur und macht Seminare mit Klangschalen, soll den Studis aber eigentlich beibringen, wie sie Kinder mit Verhaltensstörungen unterrichten. So viel zum Thema: "Muss man aushalten können".

In der Uni-Welt gibt es - wie in allen anderen Bereichen auch - einige Probleme. Dieses Interview als Maßstab dafür zu nehmen, halte ich für grundlegend falsch.

hunert
 
Bei dem was ich zur Dr. Heike Egner fand ging es bei dem Rausschmiss um physische Gewalt und Mobing gegen Mitarbeiter und angesichts dessen das der auch noch rechtlich bestätigt wurde gehe ich mal davon aus das die Gründe auch entsprechend nachweisbar waren.

Wenn das kein Grund für einen Rausschmiss ist, was sonst?
Das die Person es anders sieht dürfte eher normal sein.
 
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