Arbeitsunfall - Wer muss zahlen?

Acubens

Admiral Special
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Hallo!

Ich habe mal eine rechtliche Frage an euch:

Person A arbeitet in einem Getränkemarkt. Getränkepaletten (Voll- und Leergut) müssen während des Tagesbetriebs auf dem direkt vor dem Markt befindlichen Parkplatz zwischengeparkt werden, aufgrund von Platzmangel im Markt. Nun bewegt Person A eine mit Vollgut beladene Palette über den Parkplatz und beschädigt dabei die Stoßstange eines parkenden PKW.

Wer muss den Schaden zahlen? Arbeitgeber oder der verursachende Arbeitnehmer (Person A)?
 
Der Arbeitgeber haftet für die Schäden seiner Arbeitnehmer. Dafür gibt es dann eine Betriebshaftpflichtversicherung die in dem von Dir geschilderten Fall auch problemlos leisten sollte. Vorrausgesetzt die Police ist korrekt.
 
Danke für die schnelle Antwort.

Was kann man denn tun falls der AG bzw. seine Versicherung den Schaden nicht zahlt bzw. zahlen will? Schadensumme ist relativ gering (250€).
 
Du ich bin Versicherungsvertreter, kein Rechtsanwalt. Der von Dir genannte Vorfall ist ein Paradebeispiel für einen Betriebshaftpflichtschaden. Solange der Arbeitnehmer einfach seiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen ist und auch nicht irgendwie vorsätzlich gehandelt hat trägt der Arbeitgeber das Risiko. Anderes Beispiel: Einem angestellten Dachdecker fällt eine Dachpfanne versehentlich aus der Hand und diese fällt auf ein Auto. Oder ein Sanitärinstallateur presst eine Wasserleitung nicht richtig zusammen und durch das unbemerkt austretende Wasser entsteht ein Wasserschaden. In solchen Fällen steht der Arbeitgeber gerade. Wenn der Arbeitgeber jetzt rumzickt wird es wohl Richtung "Streit vor Gericht" gehen. Wenn der Arbeitgeber nicht versichert ist, ist es sein persönliches Pech, denn er muss dennoch für den Schaden eintreten.

Falls ich jetzt völlig flasch liege (was ich nicht glaube) bitte ich um eine kurze Stellungnahme der hier mitlesenden Juristen/angehenden Juristen.
 
Zuletzt bearbeitet:
In Ordnung. Ich danke dir. Damit ist mir schon sehr geholfen :)
 
Meckert der Arbeitgeber denn rum?
 
Der Schaden ist schon einige Monate her und der Halter des beschädigten PKW kam letzte Woche in den Markt und erkundigte sich nach dem Stand der Dinge. Und die Vorgesetzte von Person A sagte heute etwas wie "Wir wissen noch nicht, ob wir den Schaden bezahlen.". :-/
 
Da muss ich mich mal mit einer Zwischenfrage reinhängen. Folgendes Szenario: Angestellter A ist als Wagenpfleger angestellt, pflegen, fahren und parken verschiedener Autos gehört zur Arbeit. Hierbei beschädigt Person A ein Wagen beim Parken o.Ä. (nicht grob fahrlässig). Darf der Arbeitgeber vertraglich eine Selbstbeteiligung in beachtlicher Höhe festlegen die dann von Person A zu tragen ist, obwohl es nicht fahrlässig zum Schaden kam?
 
[...] Und die Vorgesetzte von Person A sagte heute etwas wie "Wir wissen noch nicht, ob wir den Schaden bezahlen.". :-/

Hinhaltetaktik wie bei Schäden bei einer Waschstraße... »Ja also, die haben sich noch nicht gemeldet« oder »Wir wissen da auch noch nichts genaues« sind normal.

Pistole auf die Brust, sonst passiert da nichts. Schuld sind nicht die Versicherungen sondern die Betreiber, welche es einfach aussitzen wollen.

Grüße, Martin
 
Solange der Arbeitnehmer einfach seiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen ist und auch nicht irgendwie vorsätzlich gehandelt hat, trägt der Arbeitgeber das Risiko.
Damit ist doch im Grunde alles gesagt. Solange weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorliegen, haftet der AG. Mit einer Betriebshaftpflichtversicherung versichert sich der AG, eben weil er derjenige ist, den es ggf. trifft.

Zu der Vertragsfrage:
Grundsätzlich vermutlich erst einmal ja, an sich möglich wäre das wohl. Grundsätzlich kann man alles vertraglich vereinbaren. Andererseits klingt das doch äußerst fragwürdig (meint: gesetzwidrig) und ich würde den Gang zum Fachanwalt für Arbeitsrecht empfehlen. Wenn der Fall so einfach liegt, wie es hier klingt, hat dieser AG jedenfalls keine Chance.
 
Der Geschãdigte kann den Arbeitgeber in Regress nehmen. Der haftet grds. für seinen Arbeitnehmer, es sei denn, er kann sich gem. 831 BGB exculpieren, also nachweisen, dass er den Arbeitnehmer ordnungsgemäss angewiesen und überwacht hat.

Im Übrigen gelten die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung.
 
Nochmals Danke für die sehr zahlreichen Antworten.

Es gibt Neuigkeiten:
Betroffene Person hat telefonisch einen Anwalt kontaktiert. Dabei kam heraus, dass es wohl arbeitsrechtlich problematisch ist, insbesondere Frauen mit einer manuellen Ameise (d.h. Paletten müssen mit Muskelkraft durch die Gegend gefahren werden) mit Vollgut beladene Paletten fahren zu lassen. Dies wäre dann wohl auch der Grund, warum die Versicherung das nicht zahlen würde und die Vorgesetzte dies nicht an die Zentralverwaltung weiterleitet um den Schaden zu regulieren.

Wird hier wohl tatsächlich gegen Arbeitsrecht verstoßen und ist das der Grund, warum man für den Schaden "evtl. nicht aufkommen" will?
 
Der Arbeitgeber haftet aus 823 i.V.m. 831 BGB, wenn er sich nicht exculpieren kann.

Der Arbeitnehmer haftet gem. 823 BGB auch bei Fahrlässigkeit. Allerdings kann er seinen Haftungsbetrag auf den Arbeitgeber nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung abwälzen (257 BGB).
 
Ich kenne keine Betriebshaftpflicht die bei den Arbeitnehmern zwischen Männlein und Fräulein unterscheidet. Muss aber gestehen das ich hauptsächlich auf das klassische Handwerk spezialisiert bin und bisher keinen Getränkemarkt versichert habe.
 
Wenn der Arbeitgeber einer Angestellten eine zu schwere/undurchführbare Arbeit zugewiesen hat und es daraufhin zu Schäden kam, wird sich die Versicherung des Arbeitgebers wohl querstellen, das heißt aber nicht, daß deswegen der Arbeitnehmer zahlen müßte oder sonstwer, dann muß es der Arbeitgeber eben selbst blechen. Nur wenn der Arbeitgeber dann pleite ist und es nichts zu holen gibt, dann bleibt der Geschädigte auf seinem Schaden sitzen. Aber auch dann hat die Angestellte damit nichts zu tun.

Nur dann, wenn sie selber grob fahrlässig gehandelt hat, z.B. war klare Anweisung, Paletten nicht alleine rumzufahren, sondern immer zu zweit, oder nicht so hoch zu beladen wie es es trotzdem getan hat, oder nicht über den Parkplatz an parkenden Kundenfahrzeugen vorbei oder sowas; und selbst dann muß noch zwischen fahrlässigem und grob fahrlässigem Verhalten unterschieden werden, das ist entscheidend.

Und rechtwidrige Absprachen/Verträge sind üblicherweise nichtig, d.h. der Arbeitgeber kann nicht einfach Haftung an seine Angestellten abwälzen.
 
Nur dann, wenn sie selber grob fahrlässig gehandelt hat, z.B. war klare Anweisung, Paletten nicht alleine rumzufahren, sondern immer zu zweit, oder nicht so hoch zu beladen wie es es trotzdem getan hat, oder nicht über den Parkplatz an parkenden Kundenfahrzeugen vorbei oder sowas; und selbst dann muß noch zwischen fahrlässigem und grob fahrlässigem Verhalten unterschieden werden,

Gem. 823 BGB haftet der Arbeitnehmer für Vorsatz und Fahrlässigkeit. Von einer Beschränkung auf lediglich grobe FLK steht da nichts.
 
Das ist im Prinzip sicher richtig, in der Praxis wird es aber wohl auf das Ausmaß des Verschuldesn hinauslaufen.

In sehr vielen Bereichen wissen AN, daß bestimmte Dinge aus Arbeitsschutz- oder sonstigen Gründen nicht erlaubt sind. Dennoch ist es vielfach normaler Alltag, diese Verbote zu mißachten. Im Wissen um die Verbote und die Gründe dafür - Die AN handeln also grob fahrlässig. Warum? Weil sie wissen, daß diese Mißachtungen allgemein üblich sind und es sie ihren Job kostet, wenn sie plötzlich auf die Idee kämen, sie beachten zu wollen. Folge: Fahrlässigkeit ja, sogar grob, Ausmaß des Verschuldens aber sehr gering. Unter solchen Umständen den Schaden vollständig auf den AN abzuwälzen wird wohl kein Richter mitspielen.

Dahingehend hab' ich OBrians Unterscheidung verstanden.
 
Nee, ich hatte schon angenommen, daß nur bei grober, nicht bei "normaler" F. der AN in der Plficht ist. Aber er ist der Jurist, dann glaub ich Sepp das ;)
 
Ok, dann hab' ich mehr hineininterpretiert, als da war. Kann ja passieren. :-)
 
Ich kenne mich zwar mit dem Bereich Getränkemarkt nicht so aus, aber ich habe im Bereich der Chemieindustrie einige Erfahrungen machen können, was die Haftung von AN angeht.

Generell haftet immer der AG, außer der AN verstößt gegen Gesetze/Vorschriften. Wobei er hier auch nur haften kann, wenn er davon Kenntnis hat, also vor erstmaliger aufnahme der Tätigkeit oder zeitnah hierzu belehrt wurde.

Jedoch selbst dann kann er raus sein, wenn es z.B. vom AG verlagt wurde dagegen zu verstossen. Hier reicht auch eine müdliche Anweisung, wenn es dafür Zeugen gibt. Aus der groben Fahrlässigkeit kann er raus sein, wenn gegen die Vorschrift/Gesetz regelmäßig verstossen wurde, der AG dies gewusst, aber gedultet hat.

Dem AN konnte man in den Fällen, die ich kenne nur grobe Fahrlässigkeit nachweisen, wenn er wegen der Verstösse durch den AG schon ermahnt, oder sogar schriftlich verwarnt wurde.
 
Danke nochmal an alle. Ihr habt mir sehr geholfen.

Es gibt Neuigkeiten:

Nachdem dem AG vermittelt wurde, dass betroffene Person juristischen Rat eingeholt hat, war der AG plötzlich bereit den Schaden zu übernehmen. Ohne wenn und aber.

Schade, dass man heutzutage anscheinend immer erst mit dem Anwalt "drohen" muss, damit sich was bewegt :(
 
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