Berufswunsch Pilot

Original geschrieben von hunert

aber ich denke ehrlich gesagt, dass sie als frau nicht gerade die besten chancen in diesem beruf hat
Absoluter Schwachsinn. Gibt immer mehr Pilotinnen; wir fliegen hier in Berlin schonmal mit 2 Frauen im Flightdeck und 4 Maennern in der Kabine. Warum sollte eine Frau, die die Voraussetzungen erfuellt, beim Bewerbungsgespraech abgelehnt werden? Das mit der Maennerdomaene ist, wie ueberall, ein Ammenmaerchen. Es liegt ausschliesslich (und in hoeheren Fuehrungspositionen sowieso) daran, dass sich VIEL weniger Frauen dafuer interessieren/bewerben/heranbilden. Ich habe u.a. auch schon mal in ner Personalabteilung einer Bank gearbeitet.

Es geht nur darum, das Geld fuer die ATPL zusammenzukriegen und die zu schaffen. Viele machen das mit einem Bankkredit, wobei das frueher einfacher war - da konnte man sich mit ´ner ATPL die Airline aussuchen. Heute sucht KEINER mehr Verkehrspiloten, im Gegenteil, alle haben Angst, ob sie ihren Job behalten. Die ganze Branche ist innerhalb von ein paar Jahren von ganz ganz oben nach recht weit unten abgestuerzt. Deswegen sind auch die Banken vorsichtiger.

Billigflieger verderben ausserdem die Preise; wie ich vor kurzem gehoert habe, fliegen bei "flyNIKI" die Kapitaene schon fuer EUR 2.500, und in der Kabine geht man mit 750 nach Hause.

Ausserdem ist es fuer Unternehmen chic, Frauen einzustellen; sie stellen damit gern ihre vermeintliche "Modernitaet" zur Schau. Wenn sie genauso gut ist, hat se bessere Chancen als ein Mann.

Darueberhinaus wird das Fliegen auch sehr verklaert. Es ist nicht besonders schwer, man kann es lernen wie Autofahren. Der Grund, warum die Ausbildung von Piloten so lange dauert, ist, dass sie es so perfekt koennen muessen, dass moeglichst kein Fehler passiert und sie auf alle moeglichen Notfaelle vorbereitet werden. Man koennte sagen, Piloten sind Busfahrer mit einer phantastischen Notfallausbildung.

Fuer eine ATPL braucht man ca. 2 Jahre und je nach Lebensstandard zwischen 50.000 und 80.000 Euro. Flugschulen gibt es einige, und es kann Sinn machen, den Schein in den USA zu machen (evtl. billiger/schneller, aber ggf. D-Umschreibung kompliziert). Sehr ratsam ist es auch, gleich ein type-rating fuer ein verbreitetes Muster auf eigenen Kosten zu machen, z.B. B737. Da der Markt so ueberschwemmt ist, verlangen viele Airlines schon ein type-rating als Einstellungsvoraussetzung.

Seinen Schein bei einer Airline, z.B. bei Hansens zu machen, duerfte aussichtslos sein; die Zeiten sind wohl vorbei (und wenn, duerfte die Bewerberquote 1:10.000 fuer einen Platz sein).

Auch die Tauglichkeitskriterien sind fuer jeden zu schaffen (anders als z.B. beim Militaer) - Augen, Ohren, Motorik, allgem. Gesundheitszustand sollten ok sein, mentale und koerperliche Belastbarkeit sollten hoch sein, auch Entscheidungsfreude hilft einem weiter. Perfektes technisches Verstaendnis sowieso. Da unterscheiden sich die Anforderungen Kabine/Cockpit kaum.

Der Fliegeralltag und das Arbeiten sind einmalig. Es gibt wohl in keiner Branche so ein Betriebsklima (Ausnahmen bestaetige die Regel; dienstalte Kollegen sind zuweilen etwas hochmuetig - alle unter 30-40 sind aber meist extrem kollegial) und so einen Zusammenhalt. Das muss auch sein, denn man MUSS mit allen, auch denen, die man nicht mag, zusammenarbeiten - da oben kann man sonst verloren sein. Private Animositaeten muessen fuer die Dauer des Fluges zurueckgestellt werden, und werden es auch.

Mit etwas Glueck fliegt man Langstrecke, was Schoeneres gibt es nicht. Man muss auch sehen, dass man relativ wenig arbeitet. Frueher in der Bank (war fast 10 Jahre da...) habe ich 39 Stunden pro Woche gearbeitet, jetzt in der Kabine 55-90 Blockstunden im Monat fuer dasselbe Geld. Ich habe wesentlich mehr freie Tage im Monat als solche, an denen ich arbeite - so freut mn sich noch mehr auf den naechsten Check-In, auch wenn er mitten in der Nacht ist.

Der letzte Satz war auch ein kleiner Test: Wenn Du beim Gedanken an die Cabin "öhhh...nee" gedacht hast, haeng den Berufswusch bitte augenblicklich an den Nagel, und denk NIE mehr an ihn. Standesduenkel gibt es in der Fliegerei nicht. Alle sind gleich, haben nur unterschiedliche Arbeitsgebiete in der Maschine, auch wenn einer den Hut aufhat. Jeder haengt vom anderen ab. Die Piloten bringen uns sicher runter, und wir sind die Augen und Ohren des Cockpits. Die Aufgabe der Cabin ist SAFETY - und wenn wir schon mal da sind, koennen wir auch Getraenke austeilen. Das muss jeder Pilot wissen.

Uebrigens: Viele denken auch, nur der Kapitaen fliegt: Auch Quatsch. kapitaen und Kopilot einigen sich - einer fliegt hin, der andere zurueck. Beide koennen gleich gut fliegen. Du musst also keine Angst haben, erst als Kapitaenin fliegen zu duerfen, wenn Du irgendwo eingestellt bist (kann schliesslich 2-20 Jahre dauern, je nach Airline - manche gehen eben nur nach Senioritaet, und wenn massig Leute vor Dir dran sind...).

Ganz wichtige Voraussetzung: Du (bzw. Deine Bekannte) sollte unbegrenzt mobil sein. Ein Job mit Stationierung am Heimatort duerfte heutzutage einem Sechser im Lotto gleichkommen. Gut moeglich, dass man seinen ersten Job in einer anderen Stadt, einem anderen Land oder Erdteil findet. Aber durch die Fliegerei und billige Tickets ist die Welt fuer Flieger sehr klein...

Abschliessend kann ich nur sagen: Wenn Du es Dir richtig ueberlegt hast, und richtige Vorstellungen von dem Beruf hast - MACHE ES!!!
 
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Na, was ist denn daraus geworden? Habe ich mit meinem langen Text die zukuenftige Pilotin verschreckt oder seid Ihr schon kraeftig auf Flugschulensuche? ;D
 
Ein Komilitone von mir hat auch 'nen Flugschein. Ihm fehlt nur noch der nächst höhere Schein, um auch die ganz fetten Passagiermaschinen fliegen zu dürfen.

Doch dann kam der 11. September, und seitdem ist dieser Berufszweig tot. Obwohl er schon bei Air Berlin einen festen Arbeitsplatz als Copilot gehabt hätte, war seine Laufbahn damit abrupt beendet. Einfach keine Arbeitsplätze mehr, meinte er.

Jetzt studiert er mit mir zusammen Maschinenbau ;D Naja, ist wohl auch besser so, die Piloten sind alle geschieden meinte er. Für Privatleben ist in diesem Beruf nicht viel Platz, von daher wirklich kein Traumberuf.
 
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